Du hast ein Schreiben vom Finanzamt bekommen (Sammelauskunftsersuchen Bitcoin.de) und möchtest Wissen, was jetzt zu tun ist?
1. Einleitung: Warum dieser Artikel jetzt relevant ist
In den Jahren 2024/2025 erleben wir in Deutschland eine regelrechte Welle von Sammelauskunftsersuchen, insbesondere gegenüber Kryptobörsen wie Bitcoin.de. Das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität NRW etwa wertet aktuell ein zweites großes Datenpaket zu Krypto-Geschäften aus – und verteilt diese Daten bundesweit.
Für viele Anleger und Steuerpflichtige stellt sich nun die drängende Frage: Was tun, wenn ein solches Schreiben vom Finanzamt kommt?
Dieser Artikel zeigt Ihnen klar und praxisnah:
- auf welchen Rechtsgrundlagen die Auskunftsersuchen basieren,
- was Bitcoin.de liefern muss (und was nicht),
- wie Sie sachgerecht antworten,
- wie Sie potenziell unvollständig erklärtes Krypto-Einkommen nachversteuern können,
- und welche Risiken bei Untätigkeit drohen.
2. Was ist ein Sammelauskunftsersuchen – und warum betrifft es Bitcoin.de?
Was ist ein Sammelauskunftsersuchen?
- Ein Sammelauskunftsersuchen ist eine datenschutz- und steuerrechtliche Anforderung durch Behörden, in der Daten vieler Betroffener gesammelt bei Dritten (z. B. Banken, Börsen) angefordert werden.
- Es beruht auf gesetzlichen Bestimmungen der Abgabenordnung (AO), insbesondere §§ 93 ff. AO (Auskunftspflichten) sowie § 208 AO (Ermittlungsbefugnisse in steuerstrafrechtlichen Angelegenheiten).
- Ziel: Die Finanzbehörden wollen systematisch Transaktionsdaten prüfen, potenziell steuerrelevante Vorgänge identifizieren und an die jeweils zuständigen Finanzämter verteilen.
- Behörden dürfen dies insbesondere wenn der Verdacht besteht, dass über diese Plattform Vorgänge geschehen, die im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung stehen, so wurde dies auch bereits bei Ebay oder Airbnb gemacht.
Warum Bitcoin.de?
- Bitcoin.de ist eine dominierende deutsche Kryptobörse, bei der viele deutsche Nutzer aktiv waren (An- und Verkauf von Kryptowährungen).
- Weil Bitcoin.de in Deutschland sitzt und einer nationales Recht unterliegt, kann es durch Behörden auskunftspflichtig gemacht werden.
- Im Rahmen eines Sammelauskunftsersuchens wurden bereits 2023 bundesweit Daten zu Krypto-Transaktionen der Jahre 2015–2017 angefordert und anschließend lokal verteilt und ausgewertet.
- Viele Schreiben im Zuge solcher Prozesse lauten auf Namen wie „Steuerermittlungsverfahren der Steuerfahndungsstellen gemäß § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO“ oder auch etwas harmloser mit "Sammelauskunfstersuchen Bitcoin.de" - ein typischer Einstiegspunkt für Betroffene laut Erfahrungsberichten.
Hinweis: Auch andere Börsen (z. B. Binance, Kraken) könnten in Zukunft solche Datenanforderungen erhalten – Bitcoin.de ist nur der erste „Kanal“. Aus internen Informationen wissen wir, dass weitere solcher Verfahren bereits am laufen sind.
3. Gesetzliche Grundlagen: AO, Mitwirkungspflicht, Steuerstrafrecht
AO & Auskunftspflicht
- § 93 AO erlaubt es Behörden, „alle zur Prüfung der Besteuerungsgrundlagen erforderlichen“ Auskünfte zu verlangen.
- § 97 AO regelt Vorlagepflichten (z. B. Bücher, Unterlagen).
- Werden die Auskünfte verwaltet im Steuerstrafverfahren, greift § 208 AO: Die Ermittlungsbehörden (z. B. Steuerfahndung) haben weitgehende Rechte zur Aufklärung steuerlicher Straftaten, auch mittels Auskunftsersuchen.
- Die steuerliche Mitwirkungspflicht verlangt, dass Steuerpflichtige relevante Tatsachen offenbaren – wer bewusst verschweigt, riskiert strafrechtliche Konsequenzen.
Steuerstrafrecht & Selbstanzeige
Die Grenzen der Selbstanzeige sind oft schmal, insbesondere wenn bereits Ermittlungsschritte eingeleitet wurden (Tatentdeckung).
Wer steuerpflichtige Einkommen nicht oder unvollständig angibt, kann sich der Steuerhinterziehung strafbar machen.
Eine strafbefreiende Selbstanzeige gem. § 371 AO kann möglich sein – vorausgesetzt, die Steuerbehörde hatte noch keine Kenntnis (Tatentdeckung lag noch nicht vor), und die Nachmeldung erfolgt vollständig und fristgerecht.
4. Was übermittelt Bitcoin.de? Umfang, Zeitraum, Limitierungen
Bekannte Datenlieferungen
Aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt sich:
- Erste Datenlieferung zu Daten von Bitcoin.de war bereits im Jahr 2023. Wir hatten damals gemeinsam mit dem Handelsblatt dazu berichtet. Es ging um den Zeitraum 2015-2017.
- Neue Datenlieferung: Daten zu Transaktionen zwischen ca. 2015 und 2022 wurden angefordert – An- und Verkauf, Ein- und Auszahlungen (mit Adressen) und Walletbewegungen.
- In Einzelfällen wurden Daten zu Nutzern übermittelt, die in bestimmten Jahren hohe Umsätze erzielt hatten (z. B. ≥ 50.000 €).
- Nicht zwangsläufig sämtliche Token oder Börsen werden in einer Datenlieferung enthalten sein – oft nur Teilbereiche.
Technische Limitierungen & Datenlücken
- Bitcoin.de kann nur die Daten liefern, die auch auf Bitcoin.de gemacht wurden. Ein vollständiges Bild ist daher nicht möglich.
- Bei Auszahlungen wird es besonders schwierig, hier können Transfers zwischen Wallets, „Wechselgeld“-Outputs (UTXO bei Bitcoin) oder interne Verschiebungen zwischen Konten ggf nicht mehr durch das Finanzamt nachvollzogen werden und damit ein falscher Eindruck entstehen.
- Das aktuelle BMF-Krypto-Schreiben vom 06.03.2025 liefert konkrete Hinweise zur Bestandsermittlung auch bei UTXO-basierten Kryptowährungen (z. B. Bitcoin) und wie Wechselgeldausgänge behandelt werden müssen.
5. Reaktionspflicht & Antworten auf das Auskunftsersuchen
Pflicht zur Antwort
- Empfänger eines Auskunftsersuchens sind in der Regel verpflichtet, die angeforderten Informationen wahrheitsgemäß und in vollem Umfang zu liefern – sofern sie ihnen bekannt und zugänglich sind.
- Unterlassene oder unvollständige Antworten können als Ordnungswidrigkeit oder Straftat gewertet werden.
- Fristen vom Finanzamt sind oft sehr kurz gesetzt - wir können hierbei unterstützen diese einzuhalten.
Praktische Tipps für die Antwort
- Fristgerecht reagieren – keine Panikpause einlegen. Schnelle Kontaktaufnahme mit Pekuna zur Aufbereitung aller Daten.
- Nur gesicherte Daten liefern, keine Ratespiele (z. B. bloße Schätzungen).
- Transparenz über Lücken: Wenn bestimmte Daten nicht mehr rekonstruierbar sind, sollte dies erklärt werden (z. B. Datenverluste, Systemwechsel).
- Erinnerungsvermerk und Dokumentationspflicht: Hinweis auf eigene Bemühungen zur Rekonstruktion (E-Mails, Kontoauszüge, Krypto-Wallet-Logs etc.).
- Keine freiwilligen Zugaben über das Ausmaß hinaus, ohne rechtliche Rücksprache – insbesondere keine Strafanzeige durch Überlieferung zusätzlicher, ungefragter Daten.
- Begleitung durch steuerliche bzw. strafrechtliche Fachberatung ist dringend ratsam. - Pekuna arbeitet hierzu mit den besten Kryptosteuerberatern in ganz Deutschland zusammen.
6. Steuerliche Einordnung von Kryptotransaktionen
Hier unterscheiden wir je nach Art der Transaktion – mit Gesetzesgrundlagen und Urteilssituation.
Transaktion | Steuerliche Behandlung | Entscheidende Faktoren / Hinweise |
---|---|---|
Trading / Verkauf in Euro | Privat-Veräußerungsgeschäft (§ 23 EStG) | - Gewinn = Verkaufserlös abzüglich Anschaffungskosten. - Spekulationsfrist 1 Jahr - Freigrenze < 1.000 € Gewinn |
Tausch Krypto → Krypto | ebenfalls steuerpflichtig als Veräußerung | Der Marktwert der erhaltenen Coins zählt als Veräußerungserlös |
Mining / Forging | Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG | Bei Aufkommen von Coins als Gegenleistung; VORSICHT: kann gewerblich sein |
Staking / Lending / Zinsen aus Krypto | Sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3) | Steuerpflicht nach Zeitpunkten des Zuflusses |
Hard Forks & Airdrops | Einnahmen können steuerpflichtig sein | Bei „Gratis“-Coins ggf. steuerfrei, aber Veräußerung dieser Coins ist steuerpflichtig |
Wallet-Transfers interne Verschiebung | kein steuerlicher Vorgang | Nur relevant um Anschaffungskosten und Zeitpunkte über Wallets hinweg zu tracken. |
Ein aktuelles Urteil des BFH (IX R 3/22) hat zudem bestätigt, dass Token als Wirtschaftsgüter gelten und Veräußerungen in der Spekulationsfrist steuerbar sind.
7. Besonderheiten & Fallstricke, die oft übersehen werden
- Interne Wallet-Transfers: Viele Betroffene verschieben Kryptowährungen von Börse zu Hardware-Wallet oder zwischen Konten – dies kann in Auswertungen fälschlich als Verkauf angesehen werden.
- Token-Umwandlungen / interne Börsenswaps – z. B. ETH → ERC-20 Token
- Ausländische Börsen / DeFi-Plattformen – diese Plattformen sind möglicherweise nicht Teil eines Sammelauskunftsersuchens, müssen aber dennoch erklärt werden.
- Folgeverkäufe über längere Haltezeit – wenn die einjährige Spekulationsfrist überschritten wird, sind Veräußerungen steuerfrei (Erklärung trotzdem notwendig um FiFo für andere Coins darstellen zu können).
- Verlustverrechnung – Verluste aus privaten Veräußerungen dürfen nur mit Gewinnen aus solchen Veräußerungsgeschäften verrechnet werden, aber nicht mit anderen Einkunftsarten. Verrechnungen über Jahresgrenzen hinweg sind nicht immer möglich. Erträge aus Stanking, Lending oder Mining können nicht mit den Verlusten aus Trading verrechnet werden.
- Grenzen der Datenlieferung – manche Transaktionen sind nicht mehr auffindbar oder es existieren technische Hürden.
- Tatentdeckung vs. Mitwirkungspflicht – einmalige unvollständige Antworten können schnell als Versuch der Verschleierung gewertet werden.
8. Selbstanzeige / Nacherklärung – Chancen & Grenzen
Wichtig: Hier wird es sehr kritisch und es sollte in fast allen Fällen mit einem Steuerberater oder Fachanwalt zusammen gearbeitet werden. Hier kann Pekuna bei der Vermittlung helfen, zusätzlich wird dieser jedoch auch eine sehr gute Datengrundlage und Berechnung benötigen, die Pekuna liefern kann.
Wann ist eine Selbstanzeige möglich?
- Wenn Tatentdeckung durch die Finanzbehörde noch nicht erfolgt ist.
- Wenn nachträglich alle relevanten Einkünfte vollständig und korrekt offengelegt werden.
- Wenn die beteiligten Steuern nachgezahlt werden (inkl. Zinsen).
Grenzen & Risiken
- Liegt bereits eine Tatentdeckung vor oder ein Ermittlungsverfahren, kann die Selbstanzeige nicht wirksam sein.
- Teil-Selbstanzeigen (z. B. nur bestimmte Jahre) gefährden oft die strafbefreiende Wirkung.
- Wenn falsche Angaben gemacht werden oder nachträglich korrigiert werden müssen, kann dies zusätzlich strafbar sein.
- Bei Kryptowährungen ist der Nachweis der Vollständigkeit besonders schwierig (viele Transaktionen, Wallets, Plattformen).
„Goldene Brücke“
In der Praxis nutzen Behörden in solchen Fällen oft ein Schreiben, das als Goldene Brücke verstanden wird: Der Betroffene wird aufgefordert, bislang nicht deklarierte Einkünfte nachzuerklären und so möglichen Strafverfahren zu entgehen.
In manchen Fällen wird darin sogar explizit mitgeteilt, dass noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde – damit die Selbstanzeige noch möglich erscheint.
9. Praktisches Vorgehen: Schritt für Schritt
1. Schnell reagieren, Fristen wahren
Das Auskunftsersuchen ernst nehmen, nicht ignorieren.
2. Bestandsaufnahme / Dokumentation
- Alle Wallets, Börsen, Adressen identifizieren
- Kontoauszüge, E-Mails, Trade-Historien, Blockchain-Explorer nutzen
- Transferhistorien prüfen (Ein-/Auszahlungen, Tausch, interne Bewegungen)
3. Datenaufbereitung & Excel / Auswertungen
- Chronologische Übersicht, mit allen Zeiten, Beträgen, Wechselkursen
- FiFo-Prinzip (First in, First out), Zuordnung der Anschaffungskosten
- Rückgriff auf technische Hilfsmittel / Tools (sofern verlässlich)
4. Steuerberechnung
- Gewinne / Verluste pro Jahr berechnen
- Haltefristen prüfen
- ggf. Verlustverrechnung berücksichtigen
5. Erstellung der Antwort auf das Auskunftsersuchen
- strukturierte und sorgfältige Beantwortung
- Transparenz bei Lücken oder Unklarheiten
- ggf. Hinweis auf Selbstanzeigeabsicht
6. ggf. Selbstanzeige / Nacherklärung
- mit steuer- und strafrechtlicher Unterstützung
- vollständige Offenlegung, Nachzahlung, Verzinsung
- Kontakt zum zuständigen Finanzamt aufnehmen
7. Monitoring & Kommunikation
- ggf. Rückfragen der Behörde beantworten
- Aktennotizen und Schriftverkehr gut dokumentieren
- Fristen, Nachforderungen und Bescheide beobachten
Hinweis: Dies sieht auf den ersten Blick nach sehr viel aus, was jetzt gemacht werden muss, du kannst aber einige dieser Schritte einfach und rechtssicher von Pekuna erledigen lassen.
10. Risiken & Konsequenzen bei Nichtreaktion
- Bußgeld / Ordnungswidrigkeit wegen Verletzung der Auskunftspflicht
- Steuerstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung
- Zwangsgelder, Vollstreckungsmaßnahmen
- Rückwirkende Festsetzung von Steuern, Zinsen und ggf. Strafzuschlägen
- Verlust von Möglichkeiten zur Selbstanzeige
- Strafbefreiung kann ausgeschlossen sein, wenn bereits Ermittlungen laufen
11. FAQ – häufige Fragen und Antworten
Frage | Kurzantwort |
---|---|
Muss ich wirklich auf das Auskunftsersuchen antworten? | Ja, du solltest auf jeden Fall auf dieses Schreiben antworten. |
Kann ich „nichts wissen“ sagen? | Nicht ohne Risiko – Mitwirkungspflicht besteht. |
Kann ich nur Teile liefern und sagen, „der Rest nicht mehr rekonstruierbar“? | Möglich, aber riskant – besser mit Dokumentation und nachvollziehbarer Begründung. |
Ist eine Selbstanzeige noch möglich? | Eventuell, solange keine Tatentdeckung vorliegt; aber sehr einzelfallabhängig. |
Was, wenn ich nur über Bitcoin.de gehandelt habe, aber auch andere Börsen nutzte? | Alle Börsen müssen offengelegt werden – Auslassungen gefährden die Nacherklärung und Selbstanzeige. |
Muss ich auch Kryptowährungen erklären, die ich nie verkauft habe? | Nein, theoretisch nicht – erst bei Veräußerung, Tausch oder sonstiger Verfügung fällt steuerlich etwas an. Besser ist es gerade in dieser Situation alles zu erklären. |
Können Auslandsbörsen (z. B. Binance) betroffen sein? | Ja – auch, wenn nicht Teil des Auskunftsersuchens, sind sie grundsätzlich zu erklären. |
12. Fazit & Handlungsempfehlungen
- Handeln Sie so früh wie möglich – Ignorieren verschlimmert die Situation.
- Systematisch dokumentieren & rekonstruieren – Ihr bestes Argument ist Transparenz.
- Fachliche Unterstützung einbinden – Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerstrafrecht sind essentiell.
- Vollständigkeit ist entscheidend – Teil-Offenlegungen riskieren den Wegfall der strafbefreienden Wirkung.
- Selbst wenn der Weg über eine Selbstanzeige geht, ist die Situation häufig noch beherrschbar – insbesondere, wenn Sie früh reagieren.